Loslassen. Helena und der Verzicht
Einfach mal loslassen? Helenas Gedanken über den Verzicht
Ich persönlich bin nicht sehr gut darin, Dinge loszulassen. Es fällt mir schwer, etwas das ich sehr schätze, plötzlich nicht mehr zu haben. Ich stehe zum Beispiel momentan vor einem Umzug in eine kleinere Stadt, ich gehe weg aus Berlin. Ich werde verzichten müssen, auf all die Möglichkeiten, die sich mir hier bieten, wenngleich auch viel Neues, Spannendes hinzukommen wird.
Ich glaube, auf etwas zu verzichten bedeutet, etwas schweren Herzens loszulassen. Sich zwar ganz bewusst dafür zu entscheiden, dass man zumindest eine Zeit lang ohne eine bestimmte Sache weitermachen möchte, aber dass es bedeutet, den inneren Schweinehund zu überwinden. Was sehr anstrengend sein kann. Wenn es nicht schwerfallen würde, wäre es kein Verzicht. Verzichten kann bedeuten, von etwas wegzugehen, was einem bis dato einen sicheren Hafen und Platz gegeben hat. Oder sich von einer langjährigen (schlechten) Gewohnheit zu verabschieden.
Weg vom Gewohnten
Verzicht bedeutet, etwas hinter sich zu lassen, von dem man sicher ist, dass es einem im ersten Moment zumindest fehlen wird. Man entscheidet sich aber trotzdem dafür. Vielleicht, weil es besser für einen ist oder der Anfang von einem besseren Weg sein kann. Oder weil man eine Pause braucht. Oder eben, weil man mal etwas Neues ausprobieren will. Weil man einen anderen Lebensweg einschlagen will und etwas verändern. Es gibt viele Gründe dieses oder jenes aus dem Leben zu streichen. Vielleicht möchte man auch ein neues Gefühl entwickeln, ein kleines oder ein großes.
In den vergangenen zwei Jahren haben wir als Gesellschaft auch gelernt, zu verzichten. Auf unsere Routinen, unsere regelmäßigen Kontakte, unsere Normalität. Natürlich fiel das am Anfang schwer und das alles wirkte so gar nicht verzichtbar, aber was ich für mich daraus gelernt habe ist, dass man sich tatsächlich an alles wieder neu gewöhnen kann. Auch wenn man denkt, dass das Alte so festgefahren war, dass man davon niemals abkommen könnte. Wobei das Wort „verzichtbar“ auch darauf hinweist, dass die Möglichkeit, dass ein Verzicht gelingen kann.
Ob es Kleinigkeiten sind, auf die man verzichtet, wie zum Beispiel das Glas Wein am Abend oder irgendwelche Apps, so kann man sich auch dafür entscheiden, das Thema Verzicht ein wenig radikaler anzugehen. Man kann sich zum Beispiel dafür entscheiden, jetzt viel minimalistischer zu leben und den halben Kleiderschrank aussortieren. Man verzichtet auf den großen Konsum.
Oder aber, man verzichtet mal eine Zeit lang auf das Essen.
Die Leere entdecken und genießen
Was für viele am Anfang verrückt klingen mag, ist doch ein Weg des Verzichts, der eine große Auswirkung auf Körper und Seele haben kann. Die Leere genießen - darum geht es auch beim Fasten und beim Verzichten allgemein. Man schult alle anderen Sinne, die nun mehr Kapazitäten haben alles aufzusaugen. Beim Fasten ist der Verzicht zwar zeitlich begrenzt, jedoch ist die Wirkung schneller und größer als wenn man beispielsweise auf sein Handy verzichtet. Nicht umsonst wird das Fasten als eine Art der Neugeburt angesehen. Alles wird auf Null gesetzt, man besinnt sich durch den Verzicht des Essens auf die wirklich wichtigen Dinge, die sowohl der Körper als auch der Geist brauchen. Die Dankbarkeit wird geschult, der Genuss an den kleinen Dingen nimmt mehr Platz ein, wir lernen, dass wir so vieles, das wir im Außen suchen in uns tragen.
Der Mensch konsumiert unglaublich viel. Sei es beim Essen, beim Einkaufen, beim Kompensieren von mentalen Widrigkeiten- der Konsum in jeder Form ist ein beliebter Anker. Wo vor vielen Jahren noch viel weniger als genug angesehen wurde, sind wir heute an einem Punkt, an welchem wir uns selbst vor dem Konsum durch das Verzichten schützen müssen. Wir sperren unsere Telefone, damit wir nicht noch mehr Zeit an ihnen verbringen, wir verzichten in der religiösen Fastenzeit zum Beispiel auf Alkohol oder Schokolade, was an sich schon nicht lebensnotwendige Genussmittel sind.
Verzicht kann einen Neuanfang bedeuten
Etwas hinter sich zu lassen, bedeutet auch, etwas Neues einzuladen. Ob es beim Fasten das neue Gefühl von Reinigung und Energie ist oder beim Umstellen der Routine eben die neuen Abfolgen und Gewohnheiten sind. Veränderung geht nur mit Umgewöhnen. Und jede Veränderung hat ihren Preis. Dieser kann aber auch ein toller sein, wie zum Beispiel wenn wir verzichten mit Nachhaltigkeit gleichsetzen. Die Ziele, die wir klimatechnisch etwa erreichen wollen können nur erreicht werden, wenn alle an einem Strang ziehen und auf manche Dinge wohl oder übel verzichten.
Ich wünsche euch die Erfahrung, viel Positives aus einem Verzicht ziehen können und dass ihr merkt, dass Weniger manchmal Mehr ist. Ich wünsche euch zwar Abschiedsschmerz, aber welchen, der sich mit der Freude auf das Neue mehr als ausgleichen lässt.
Eure Helena
Helena ist Sunnyside Autorin und schreibt jeden Monat einen persönlichen Blog-Artikel für Euch. Wenn ihr Fragen zu meinen Fasten - Retreats habt schreibt mir gerne: carina@sunnyside-fasten.de